Urlaub - Urlaubsstaffel

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20.03.2012 - 9 AZR 529/10


Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes TVöD sah vor, dass sich die Höhe des Urlaubsanspruchs nach dem erreichten Lebensalter richtet. Im Alter bis zu 29 Jahren hatten die Arbeitnehmer einen Anspruch auf 26 Tage, im Alter von 30 - 39 Jahren einen Anspruch auf 29 Tage und ab dem 40. Lebensjahr einen Anspruch auf 30 Tage Erholungsurlaub. Das Bundesarbeitsgericht entschied nun, dass diese Staffelung eine unmittelbare nicht gerechtfertigte Alterdiskriminierung sei, weshalb alle Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrages einen Anspruch auf die höchste Anspruchszeit - 30 Urlaubstage - hätten.

 

Alle, die das 40. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten, wurden hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) lässt trotz Benachteiligung eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Die Ungleichbehandlung sei hier jedoch nicht sachlich gerechtfertigt.

 

Gesteigertes Erholungsbedürfnis/ Gesundheitsschutz


Der Arbeitgeber hatte vorgetragen, dass die Altersstaffelung dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer und deren Gesundheitsschutz diene. Das Bundesarbeitsgericht widerlegte dies mit der Begründung, dass den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals ein zusätzlicher Urlaubstag gewährt wurde. In der begünstigten Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wurde, seien jedoch nicht ausnahmslos ältere Beschäftigte, sondern alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres. Die Tarifregelung im TVöD schließe deshalb aus, das die Urlaubsstaffel einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen solle.

 

Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehle jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spreche auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt. Es fehle in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr ließe sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht.

 

Das Bundesarbeitsgericht führt weiter aus, dass es bei Verfolgung dieser Ziele, nahe gelegen hätte, gerade für die älteren Beschäftigten, z.B. die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe sei ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar.

 

Beseitigung der Diskriminierung


Die Diskriminierung könne nur beseitigt werden, wenn eine Anpassung „nach oben“ erfolge.





Beachte!

Der Tarifvertrag TVöD wurde mittlerweile durch die Tarifvertragsparteien geändert. Auch viele andere Tarifverträge enthalten vergleichbare Urlaubsstaffelungen, die ebenso ungerechtfertigt altersdiskriminierend sein können.

Wichtig ist Ansprüche rechtzeitig schriftlich geltend zu machen. Häufig gelten Ausschlussfristen die beachtet werden müssen.

 

Übrigens können dort wo keine Tarifverträge gelten z.B. einzelvertragliche Regelungen unterschiedliche Urlaubsansprüche rechtswirksam vorsehen.



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